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Name of Publishing House | Verlag Antje Kunstmann |
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website | http://www.kunstmann.de |
Communication | s.eversmann@kunstmann.de |
Eine kleine Verlagsgeschichte
Der Verlag Antje Kunstmann wurde 1976 gegründet, damals unter dem Namen Weismann Verlag-Frauenbuchverlag – zwei Verlagsprogramme unter einem Dach und von Peter Weismann und Antje Kunstmann geführt. Als Peter Weismann den Verlag verließ, wurde das Programm neu strukturiert und firmierte ab 1990 unter dem Namen der Verlegerin.
Inzwischen gehört der Verlag – wie es in der ZEIT vor Jahren stand – zu den „Großen unter den Kleinen, Unabhängigen“. Jedes Jahr erscheinen etwa 45 Titel – Romane, Kurzgeschichten, Gedichte, Essays und ein thematisch weit gefächertes Sachbuchprogramm von internationalen und deutschsprachigen Autoren. Vor vierzehn Jahren ist ein kleines, feines Hörbuchprogramm dazu gekommen: HörKunst bei Kunstmann. Und seit sechs Jahren gibt es das besondere Geschenkbuch.
Die Geschichte eines Verlags erzählt sich mit den Autorinnen und Autoren und in ihren Büchern, die sich unter seinem Dach versammeln. Was sie erzählen und wie sie erzählen spiegelt das „Programm“ des Verlags – inhaltlich und ästhetisch. In diesem Sinne programmatisch waren für die 70er und 80er Jahre die Romane und Erzählungen von Alice Walker, Fay Weldon und Helke Sander. Sie reflektieren die Aufbruchsstimmung dieser Jahre, vor allem der Frauen – feministisch, undogmatisch, witzig und amüsant.
Mit den hoch gelobten Romanen des spanischen Autors Rafael Chirbes, die sich mit den Verheerungen der Franco-Diktatur, dem „Langen Marsch“ Spaniens in die Moderne und den gescheiterten Utopien der eigenen Generation auseinandersetzt, mit dem englischen Autor Tim Parks, dem Meister heutiger Familiendramen, mit der kanadischen Autorin Barbara Gowdy, die mit ihrem Roman „Der weiße Knochen“ – den „Buddenbrooks“ der Elefanten – auf die Bestsellerliste gekommen ist, mit den ersten Romanen und Erzählungen von Roberto Bolaño hat sich der Verlag etabliert, nicht nur bei den Literaturkritikern, vor allem bei literarisch interessierten Leserinnen und Lesern.
Der große Durchbruch ist 1992 mit Axel Hackes poetischen Alltagsgeschichten gelungen. „Der kleine Erziehungsberater“ traf den Nerv einer Generation und hat inzwischen eine Auflage von über einer Million Exemplare weltweit erreicht. Seine Bücher „Der kleine König Dezember“, „Das Beste aus meinem Leben“, „Der weiße Neger Wumbaba“, alle zauberhaft illustriert von Michael Sowa, haben eine riesige Fangemeinde, seine Lesungen sind legendär.
Witz, Ironie, der spielerische, souveräne Umgang mit Sprache und der kritische Blick auf die Zumutungen der Welt zeichnet auch die Autoren F.W. Bernstein, Chlodwig Poth, Eckhard Henscheid, Greser&Lenz, Fritz Eckenga, Wiglaf Droste, Funny van Dannen, Hauck&Bauer aus. Gedichte, Karikaturen, Kurzgeschichten – die komische Kunst war von Anfang an mit den Büchern der großen Karikaturistin Marie Marcks Programm. In den letzten Jahren sind viele spannende Autorinnen und Autoren dazu gekommen, die mit ihren ersten Büchern Aufsehen erregt haben: Kristof Magnusson, Paul Murray, Rayk Wieland und Björn Bicker, Veronique Olmi, Justine Levy, Louise Welsh und Hanna Lemke. Von ihnen allen ist noch viel zu erwarten.
In seinem Essay „Was wird Literatur“ schreibt Lothar Baier „wer nur etwas von Literatur versteht, versteht auch davon nichts. Um sie zu verstehen, muss man auch von anderen Gegenständen etwas verstehen, von Geschichte, Politik, Psychoanalyse, Ökonomie, Kritischer Theorie, von anderen Kulturen und Gesellschaften.“ In diesem Sinne versteht sich das Sachbuchprogramm des Verlags. Dafür stehen Autorinnen und Autoren wie Donata Elschenbroich und Hermann Scheer, Noam Chomsky und Barbara Ehrenreich, David Servan-Schreiber und Olivier Ameisen, Robert Skidelsky, Jeremy Scahill und Luc Ferry, Raffaele Cantone und Fabrizio Gatti.
In den über 30 Jahren seines Bestehens hat sich der Verlag auch einen Namen mit ungewöhnlichen Büchern gemacht, die nicht ohne weiteres dem literarischen oder dem Sachbuchprogramm zuzuordnen sind: mit Wolf Erlbruchs Bilderbuch für Erwachsene „Ente, Tod und Tulpe“, mit Barbara Schmidts und Dirks Schmidts Kinderbuch „Kamfu mir helfen“, mit Pierre Bayards „Wie man über Bücher spricht, die man nicht gelesen hat“, mit Helmut Dubiels Essay über seine Parkinson Erkrankung „Tief im Hirn“. Und mit den ungewöhnlichen Reisebegleitern von Renate Just „Krumme Touren – Reisen in die Nähe“.
Seit 2000 pflegt der Verlag außerdem ein sorgsam zusammengestelltes Hörbuchprogramm, mit Lesungen, Hörspielen und Features: gute Geschichten – große Stimmen: Hanns Zischler und Axel Milberg lesen Tim Parks, Cornelia Boje liest Rafael Chirbes, Mario Adorf „Da geht ein Mensch“ von Alexander Granach, Axel Hacke, Wiglaf Droste und Funny van Dannen lesen sich selber. Ungewöhnliche deutsche Sprachkünstler wie Heinrich Lübke, Lukas Podolski und Edmund Stoiber feiern unter diesem Label ungewöhnliche Erfolge, Robert Gernhardts legendäre Lesung „Der Ton im Wörtersee“ ist inzwischen Kult und die großartige Hörspielproduktion des erzählerischen Werks von Alexander Kluge „Die Chronik der Gefühle“, inszeniert von Karl Bruckmaier, ist mit dem Deutschen Hörbuchpreis 2010 für die beste Fiktion ausgezeichnet worden.
Seit 2008 ist das Programm um besondere Geschenkbücher erweitert worden und hat von Anfang an für Aufmerksamkeit gesorgt. Liebevoll ausgestattet, amüsant erzählt, großartig illustriert: „Die Kunst schöne Bücher zu schenken“ ist das Motto und nur ein Titel (für inzwischen viele) aus dem neuesten Programm soll hier erwähnt werden: Keri Smiths „Mach dieses Buch fertig“.
Das Credo des Verlags ist und soll bleiben: die Leselust und das Denken befördern, die Autoren und ihr Werk zu pflegen, dem „Publikumsgeschmack nicht nachzurennen, sondern ihn zu prägen“, wie der Verleger Kurt Wolff so schön gesagt hat. In Zeiten einer ständig wachsenden Informationsflut durch das Internet, immer unübersichtlicher werdender Buchproduktion, immer größerer Verlagskonglomerate gilt es Gärten anzulegen im Dschungel und Autoren ein verlässliches Gegenüber zu bieten, denn sie vertrauen ihr Werk immer einer Person an, keiner anonymen Firma.
„Ich mag es,“ schreibt Rafael Chirbes, „mit einem Verleger zu arbeiten, der meine Bücher liest, der sie durcharbeitet, der sie mit mir bespricht, der mir nach der Lektüre einiger von ihnen gesteht, dass sie ihn berühren, ja verwunden, so wie ich selbst aus dem Schreibprozess hervorgehe; einen Verleger, mit dem mich eine Wahlverwandtschaft verbindet.“
Wahlverwandtschaften suchen auch die Leserinnen und Leser. Die Verwandtschaft sollte nicht unkenntlich werden, der Verlag übersichtlich bleiben. Kenntlich für die Buchhändlerinnen und Buchhändler, mit einem klaren Programm, mit einem kleinen engagierten Team.
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