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Die konfessionelle Polemik zwischen Sunniten und Schiiten ist beinahe so alt wie der Islam selbst, und die Liste der Streitpunkte, die Gegenstand der Auseinandersetzung sind, ist lang. Besonders heikel ist in diesem Zusammenhang der von schiitischen Theologen erhobene Vorwurf der Koranfälschung. Demnach hätten die sunnitischen Gelehrten, die die Textfragmente sammelten und ordneten, sämtliche Hinweise auf ʿAlī, den Schwiegersohn Muḥammads und ersten Imam der Schia, und die Familie des Propheten unterschlagen und damit das Wort Gottes korrumpiert. Während diese Unterstellung vor allem unter frühen Schiiten weitverbreitet war, wurde sie ab etwa der Mitte des 10. Jahrhunderts von der schiitischen Theologie selbst zunehmend in den Hintergrund gedrängt. Nicht zuletzt innerschiitische Auseinandersetzungen über den Umgang mit den heilsgeschichtlichen Quellen sorgten allerdings dafür, dass das Thema auch in späterer Zeit immer wieder aufgegriffen und argumentativ weiterentwickelt wurde. Den Endpunkt der innerschiitischen Debatte markierte schließlich im späten 19. Jahrhundert der schiitische Gelehrte Ḥusain an-Nūrī aṭ-Ṭabrisī, der sämtliche ihm bekannten Fundstellen aus sunnitischen wie schiitischen Quellen in einem Buch zusammentrug und damit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machte. Von der großen Mehrheit der schiitischen Geistlichkeit, die sich von der eigenen Tradition distanziert, wird er dafür bis heute heftig angefeindet. Zugleich jedoch lieferte sein Buch die wesentliche Grundlage dafür, dass der Vorwurf der Koranfälschung im 20. Jahrhundert von sunnitischen Polemikern aufgegriffen wurde und heute den vielleicht wichtigsten Streitpunkt der konfessionellen Polemik im Islam darstellt.
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